Rassismus im Kindergarten, von Kind zu Kind? Im Leben nicht, hätte ich vor einigen Jahren gesagt. Leider ist doch genau das die Realität, die viele Kinder mit Migrationshintergrund trifft. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, als unser Kind davon berichtet hat.
Durch die Flüchtlingswellen der letzten Jahre gibt es bei uns auf dem Land mehr Menschen mit Migrationshintergrund. Anfangs für viele Einwohner kleiner ländlicher Orte häufig ungewohnt, gehören Menschen unterschiedlichster Länder mittlerweile zu unserem Stadtbild.
Neue Freundschaft vs. Konkurrenzkampf
Kinder mit unterschiedlichen Hautfarben kamen in die Kindergartengruppe. Kein großes Ding, eher die Chance auf kulturelle Bereicherung. Unser Kind war auch ganz begeistert von einem Mädchen, sie war so nett und freundlich zu ihm. Unser Kind wollte sie auch zum Geburtstag einladen. Ich freute mich für die beiden. Ein befreundetes Kind, Sunny*, ließ unser Kind nämlich gerade völlig links liegen, war oft gemein, da war Trübsal angesagt. Umso schöner, wenn das eigene Kind neue Freundschaften schließt.
Einige Tage später schlug ich vor, das neue Mädchen doch gerne einzuladen.
Nein, auf keinen Fall!
Was war passiert?
“Mama, die ist eklig.” Mein Gesicht entgleiste wohl in diesem Moment. “Warum”, hakte ich vorsichtig nach. “Ist etwas passiert?”
“Sunny* hat gesagt, dass die Hautfarbe von der so eklig ist, Die ist so dunkel!”
“Dunkle Haut ist eklig” – wenn Kinder sich rassistisch verhalten
Sunny, die gute Freundin hat das also gesagt. Wunderbar. Als Mutter rattert dir da ja viel durch den Kopf. Was zum Henker sagt man da, das pädagogisch wertvoll ist, die Freundin nicht komplett diffamiert und verständlich für kleine Kinder ist? Darf ich ausflippen? Soll ich schimpfen? Wird der Erklärbär gehört oder schaltet das Kind da ab? Ich gab mein Bestes…
Ich kürze an dieser Stelle ab: Wir als Eltern haben uns klar positioniert, das Verhalten verurteilt und mitgeteilt, dass wir so ein Gerede nicht dulden. Kindgerecht erklärt haben wir es auch, mithilfe meiner eigenen Haut (Weißfleckenkrankheit). Außerdem haben wir ein Bild meiner Urgroßmutter gezeigt, die aus Südamerika stammt. Dem Kind vermittelt, dass es ja auch nicht gehänselt werden will wegen des eigenen Äußeren.
Was wir leider verpasst hatten, war bei den Eltern des betreffenden Kindes “Sunny” nachzufragen. Das würde ich das nächste Mal anders machen. Denn das Kind hat nämlich noch andere Kinder angestachelt, das betreffende Kind zu meiden.
Das damals neue Mädchen hat trotzdem viele Freundschaften geschlossen und unser Kind mag sie nach wie vor.
Warum sind Kinder rassistisch?
Aber warum kam es überhaupt zu dieser Äußerung? In erster Linie vermute ich, dass Sunny ein Problem damit hatte, dass sich Kinder von ihr abgewendet hatten und neue Freundschaften schließen wollten. Obwohl Sunny häufig gemein zu unserem Kind war, konnte sie das wohl nicht verarbeiten.
Nun könnte sie ja auch sagen, dass das neue Mädchen doof ist, unabhängig ihrer Herkunft oder Hautfarbe. Da sie bewusst diese Assoziation von Hautfarbe und schlechtem Gefühl gewählt hat, liegt es nahe, dass sie das entweder so vorgelebt bekommt oder eine Äußerung bei älteren Kindern oder Erwachsenen aufgeschnappt hat.
Vielleicht haben die Eltern oder andere erwachsene Bezugspersonen Vorurteile gegenüber Migranten oder Flüchtlingen und haben darüber gesprochen. Vielleicht hat Sunny auch nur Sätze ohne Kontext mitbekommen und etwas hergeleitet.
Fakt ist, dass Rassismus eine erlernte Verhaltensweise ist. Da gibt es keine Ausrede. Traurig, aber wahr.
Was du bei Rassismus im Kindergarten tun kannst
Falls es dich auch mal kalt erwischen sollte, möchte ich dir noch diese Tipps mitgeben. Ich hätte gern mehr davon gelesen, bevor ich ins kalte Wasser getaucht wurde. Zum Glück hatte ich in den Resten meiner Gehirnwindung noch einen Beitrag über Rassismus und Kinder kartografiert und war nicht komplett überfordert.
Das erste ToDo bei Rassismus
Wenn dein Kind mit einer rassistischen Äußerung nach Hause kommt, atme erstmal tief durch und lade das Kind ein, darüber mit dir zu sprechen.
Versuche, keine Panik zu zeigen und bleibe ruhig. Du kannst Fragen stellen: “Wo hast du das denn gehört?” Oder auch “Wie geht es dir, wenn du das hörst? Und was fühlst du dabei?”
Wir Eltern müssen unseren Kindern zeigen, dass das Zuhause ein geschützter Raum ist, wo wir miteinander über alles reden können. Trotzdem müssen wir eine starke Haltung gegen Rassismus vertreten.
So können Eltern mit Rassismus umgehen (Tipps für Kindergartenkinder)
Vielfalt in Spielsachen und Büchern einbeziehen
Mittlerweile gibt es viele Bücher mit Charakteren unterschiedlicher Herkunft. Auch Bücher zu verschiedenen Kulturen, kindgerecht aufgearbeitet, sind sehr spannend. Frage dein Kind dazu auch, was es über die Länder oder Charaktere denkt. Bei den Spielsachen finde ich mittlerweile Puppen aller Hautfarben und auch Puppen mit Behinderung.
Tägliche Begegnungen nutzen
Wenn ihr auf dem Spielplatz seid und dein Kind Fragen zu einem Kind mit einer anderen Hautfarbe stellt, nutze diese Gelegenheit: Sprich darüber, dass Unterschiede völlig normal sind und nichts daran ändern, ob jemand nett oder lustig ist.
Geschichten über Freundschaft und Zusammenarbeit erzählen
Probiert zuhause einfach öfter einfache kulturelle Aktivitäten, wie Kochen, Basteln oder Lieder singen. Viele Gemeinden laden auch jährlich zu interkulturellen Festen ein. Kocht zum Beispiel ein tolles Rezept aus einem anderen Land nach (da gibt es hier auf dem Blog einige Ideen!). Sprecht darüber, warum die Menschen dieses Essen essen, wo es herkommt und über weitere Traditionen. Auch die Sendung mit der Maus macht tolle interkulturelle Sendungen, die sehr unterhaltsam sind.
Außerdem kannst du deine Kinder dazu ermutigen, Fragen zu stellen. Hilfreich sind auch Bücher mit Geschichten von Freunden, die aus unterschiedlichen Kulturen stammen.
Tipp für dich: Der Kinderbuchverlag Baobab fördert interkulturelle Lesekompetenz und Diversität.
Emotionen und Empathie fördern
Spreche mit deinen Kindern über Gefühle und wie es sich anfühlt, wenn man unfair behandelt wird. Frage dein Kind, wie es sich fühlen würde, wenn es wegen seiner Hautfarbe oder Haarfarbe ausgeschlossen oder schlecht behandelt würde. Dadurch kannst du gezielt Empathie fördern und Respekt und Freundlichkeit anderen gegenüber vermitteln.
Ermutigung zur Inklusion
Ermutige dein Kind, andere in das Spiel einzubeziehen und für alle offen zu sein: Wenn du siehst, dass dein Kind andere Kinder in sein Spiel einschließt, lobe es für seine inklusive Haltung und ermutige es, weiterhin freundlich und offen zu sein.
Klarstellen, dass alle Menschen gleich sind
Mache deutlich, dass Menschen, unabhängig von Hautfarbe, Herkunft oder Aussehen, gleich sind und gleiche Rechte haben.
Zeige zum Beispiel auf verschiedene Früchte (z.B., Äpfel und Birnen) und erkläre, dass Menschen genauso unterschiedlich aussehen wie Früchte, aber dass es keinen Unterschied in ihrer Wichtigkeit oder ihrem Wert gibt.
Konflikte als Lerngelegenheiten nutzen
Bringe deinen Kindern bei, wie sie Konflikte auf eine respektvolle Weise lösen können.
Wenn dein Kind beispielsweise über einen Konflikt mit einem anderen Kind berichtet, sprich darüber, wie Konflikte gelöst werden könnten. Beziehe das Kind in die Lösungsfindung mit ein, vielleicht hat es ja auch Ideen dazu. Betone die Bedeutung von Fairness und Respekt und erkläre diese Begriffe.
Geduld und Wiederholung
Rassismus-Themen immer wieder ansprechen, da Kinder in diesem Alter noch dabei sind, ihre Werte und Ansichten zu entwickeln.
Sei geduldig und gib den Kindern Zeit, um diese Konzepte zu verstehen. Wiederhole die Botschaften über Rassismus und Vielfalt regelmäßig, indem du einfache Geschichten oder Beispiele verwendest. Hier können auch ansprechende Bücher helfen.
Obige Beispiele sollen verdeutlichen, wie Eltern Rassismus im Kindesalter ansprechen können, indem sie einfache und altersgerechte Wege nutzen, um Verständnis, Toleranz und Empathie zu fördern.
Buchempfehlungen
Kinderbücher zum Thema Rassismus & Vielfalt
Komm, wir zeigen dir unsere Kita (Constanze von Kitzings Wimmelgeschichten 1)
Steck mal in meiner Haut!: Antirassismus, Aufklärung und Empowerment – Mit Tipps für Eltern und Pädagog*innen
»Gib mir mal die Hautfarbe«: Mit Kindern über Rassismus sprechen
Was ich noch sagen möchte, falls hier neue Blogleserinnen ins Lesezimmer finden:
Bei uns hat Rassismus und Ausgrenzung keinen Platz. Wir sind eine sehr weltoffene Familie, haben viel von der Welt gesehen (nicht nur typische Touristenziele & all-inklusive-Hotels) und arbeiten mit Menschen aus aller Welt zusammen. Wir Eltern haben auch eine zeitlang im Ausland gelebt und unsere Familie ist über die ganze Welt verstreut. Unser Credo ist, dass Menschen Idioten sein können, egal welcher Herkunft. Ganz einfach. Aber zuerst sind es Menschen, und Menschen werden gleich behandelt, egal welcher Herkunft oder welchen Aussehens. Außer, es handelt sich um echte Idioten.
*(Echter Name durch Fantasienamen ersetzt aus Datenschutzgründen)
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Titelbild: nimito shutterstock
Leider ist Rassismus auch in der Grundschule ein großes Problem.
Man kann es Zuhause thematisieren, jedoch sollte dies auch im Kindergarten und in der Schule als das was es ist behandelt werden. Ein großes gesellschaftliches Problem!
Selbst wenn man der Meinung ist, man wäre weltoffen; gerade der Alltagsrassismus fällt vielen, die nie davon betroffen waren, meist gar nicht mehr auf.
Danke für dein Feedback! Ja, das glaube ich, dass es auch in der Schule ein riesen-Thema ist. Alltagsrassismus ist noch relativ unbekannt, gut, wenn man sich darüber informiert. Wie bist du auf das Thema aufmerksam geworden? LG Victoria