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Turamichele in Augsburg – Augsburg, komm in die Pötte und änder was!

Das Turamichele in Augsburg ist eine langjährige Tradition: Bereits mein Mann wohnte dem Spektakel auf dem Augsburger Rathausplatz bei, wenn Engel Michael und der Teufelsdrache – gut gegen böse – gegeneinander antraten. Seit einigen Jahren steigen im Anschluss Hunderte Ballons in den Himmel. Schön anzuschauen, keine Frage. Aber…

Das Turamichele in Augsburg gibt es bereits seit dem 17. Jahrhundert. Die Idee, daraus ein Familienfest zu veranstalten, stammt aus den 50ern. Hier treffen Brauchtum und Tradition aufeinander, jedes Jahr aufs Neue am 29. September. Der Rathausplatz quillt über, für die Kinder ist viel geboten, die Eltern können sich durch die Imbissbuden futtern. Ist ja auch toll. Das Highlight ist wohl das Aufsteigen lassen der “fliegenden Friedensgrüße” – zahlreiche Luftballons steigen in den Himmel. Luftballons mit Kunststoffschnur. Damit die Kinder die besser halten können.

Letztes Jahr kam ich erstmalig in den Genuss des Spektakels. Auch wir haben einen Ballon erhalten, der Lütte hat sich echt darüber gefreut. Wir haben unseren Ballon mit nach Hause genommen und ihn nicht in den Himmel steigen lassen. Auf Instagram habe ich danach meine Bedenken zu dieser Aktion geäußert, dass das doch für die Generation, für die das Fest ja ist, doch recht uncool ist – alles so mit Plastik zu verschmutzen.

Wer jetzt schreit “die paar Ballons” oder *Schnappatmung* “die Tradition”, der darf diese Seite nun gerne verlassen. Danke schön, war nett bis hierher.

Auf Instagram erhielt ich ja auch prompt Antwort von “stadtaugsburg”:

“Klar, der Kampf zwischen Gut und Böse sollte im Idealfall umweltfreundlich sein. Wir danken dir für den Denkanstoß, auf den wir und Augsburg Marketing bei den Planungen für das nächste Jahr selbstverständlich eingehen werden. Damit eine finanzierbare Lösung entsteht, wie man die jahrzehntealte Tradition so gestalten kann, dass alle mit einem guten Gewissen teilnehmen können. Eine konkrete Lösung können wir dir aber im Moment leider noch nicht anbieten.”

Die Nachricht erhielt ich vor 54 Wochen. Geändert hat sich: Gar nichts. 

 

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Schön, aber… In @stadtaugsburg fand am Wochenende das Turamichelefest statt. Traditionsgemäß steigen dabei viele viele Ballons gen Himmel – schön anzusehen, keine Frage. Leider landen dabei viele Ballons in der Natur; mit Schnur. Nicht nur das Plastik ist dabei das Problem, sondern auch die Kunststoffschnur – hier können sich Tiere und kleine Kinder verfangen. Vielleicht findet sich ja künftig eine Alternative? Die zukünftige Generation, für die das Fest ja ist, wird es danken ☺️ Sagt mal, regnet es bei euch eigentlich auch den ganzen Tag? Zeit, die Fingerfarben heraus zu kramen! Schönen Wochenstart ? #elternblog #augsburg #turamichele #luftballons #lebenmitkindern #augsburgcity #mondaymood

Ein Beitrag geteilt von Victoria | Eltern- & Reiseblog (@kuchenerbse) am

Und wisst ihr was: Als mein Mann ein Kind war, da stiegen noch keine Ballons in den Himmel. Liebe Stadt Augsburg, ihr wollt Tradition? Na, dann zurück zu den Ursprüngen! Da gab es nämlich noch keine Ballons, die am Turamichele-Fest in den Himmel stiegen.

Da kommt mir die Galle hoch bei dieser Antwort. “Jahrzehntealte Tradition” – ja, warum nicht einmal mit Traditionen brechen? Es geht ja schließlich um die Erde, die wir unseren KINDERN hinterlassen – für die das Fest gedacht ist.

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Was diese Ballons anrichten?

  • Tiere wie Katzen, Vögel, Hasen usw. strangulieren sich mit den Kunststoffschnüren – die auch für Kinder gefährlich werden können
  • Aus den Ballons entsteht über die Zeit das berüchtigte Mikroplastik, das mittlerweile auch im Grundwasser  und in unseren Nahrungsmitteln zu finden ist. Wir nehmen durchschnittlich wöchentlich Mikroplastik in der Menge einer Kreditkarte zu uns. Bon appetit!
  • Tiere verwechseln die Ballons mit Nahrung und fressen sie. Leider verhungern sie dann elendiglich, weil Magen oder Darmtrakt verstopft sind.
  • Ballons treiben weit. Mikroplastik wurde bereits nachgewiesen im Meer in 12.000 m Tiefe, auf Gletschern und in der Muttermilch
  • Mindestens 2% aller Eissturmvögel haben Ballonreste im Magen. Weitere Untersuchungen stehen an. (wur.nl)

Alternativen für Ballon-Spektakel

Ich mecker ja nicht nur, ich schlage ja auch was vor: Finanzierbare Alternativen – ersteres scheint ja Priorität zu haben. Zunächst einmal: Ballons aus Kautschuk (Naturmaterial) verrotten leider auch erst nach Monaten; bis dahin sind sie eine Bedrohung für einheimische Tiere. Ein anderes großes Problem ist ja die Kunststoffschnur, Verletzungen bei Tieren oder Erdrosselung  stehen damit an der Tagesordnung. Material, dass leicht reißt und biologisch abbaubar ist, existiert übrigens.

Eine Leserin hatte Himmelslaternen aus Papier vorgeschlagen. Soweit ich weiß, funktionieren die mit Warmluft (Kerze). Das dürfte aufgrund der Brandgefahr nicht machbar sein. Und auch hier ist Plastik verbaut.

Wisst ihr, Stadt Augsburg, statt auf Traditionen herumzureiten, wäre es schön, nachhaltig im Sinne der Kinder zu agieren:

Ein Himmel voller Seifenblasen ist auch schön.

Ein ganz neuer Gag ist das Steigen lassen von Helium-Schaumherzen; der Schaum ist biologisch abbaubar. Und weder Schnur noch Ballon landen im Magen eines Tieres.

Schön wäre auch ein Friedens-Wünsche-Baum, an denen Kinder ihre Wünsche selber hängen könnten.

Das Steigen lassen von dressierten Tauben könnte auch eine Alternative sein. Aber auch da bin ich nicht sicher, ob das im Sinne der Tiere ist, wie diese gehalten werden und und und.

Steine beschriften und bemalen stelle ich mir auch toll vor. Nur werfen wäre schlecht, gelle? Aber auch dafür könnte man sich was tolles einfallen lassen.

Ihr seht, Alternativen gibt es. Und natürlich ist der Aufschrei groß, wenn die Ballons abgeschafft werden. Aber Augsburg sollte Vorreiter sein: In Sachen Öffentlicher Nahverkehr sind sie es ja auch, die Augsburger. Die Busse fahren mit Bio-Methan. Wisst ihr, als Galileo gesagt hatte, die Erde sei rund, da war der Aufschrei auch groß. Und heute? Heute ist das ja ganz selbstverständlich. Für die meisten zumindest, Schwurbler ausgenommen.

Ich wünsche mir mehr Mut von den Machern. Mut, das Positive zu sehen und Veränderungen anzugehen. Ich wünsche mir eine Veränderung zugunsten unserer Kinder, aber jemand muss den ersten Schritt machen und auch dahinter stehen. Dieser jemand müssen die Initiatoren sein. Denn Alternativen, die gibt es. Seid mutig und schafft neue Traditionen. Denn so ist das mit dem Leben; das verändert sich. Und damit auch die Tradition. 

Cheers, Victoria

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Annette

    Toller Text! Das mit den Tieren wusste ich gar nicht…
    Lg Annette

  2. Silvi

    Schaumherzen klingen toll! Aber da pennt die Stadt wohl…

  3. Susanne

    Wichtiger Beitrag Danke dafür ??

  4. Lena

    Ich fände es super, wenn sich die Stadt da mal was anderes überlegt 🙂

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