Der Countdown läuft: Die Bundestagswahl am 24. September rückt immer näher. Grund genug, einmal bei den regionalen Politikern nachzufragen: Der Elternblog Kuchenerbse schrieb nachfolgende Parteien und deren SpitzenpolitikerInnen* an und bat bis 10. September 2017 um Antwort.
Als Elternbloggerin interessiert mich besonders das Thema Familienpolitik, daher wollte ich von unseren PolitikerInnen wissen, wo der Fokus liegt und wie Problemlösung konkret aussieht. Folgende PolitikerInnen habe ich daher angeschrieben, mit der Bitte um ein Interview:
- Durz, Hansjörg, Bundestagsabgeordneter, Neusäß | Christlich-Soziale Union in Bayern e. V. (CSU)
- Woerlein, Herbert, Landtagsabgeordneter, Stadtbergen | Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
- Bossek, Franz, Lehrer, Kutzenhausen | BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (GRÜNE)
- Faller, Karlheinz, Diplom Pädagoge, Dasing | Freie Demokratische Partei (FDP)
- Dr. Kraft, Rainer, Diplom-Chemiker, Langweid | Alternative für Deutschland (AfD)
- Tuncer, Cengiz, Kaufmann im Groß- u. Außenhandel, Augsburg | DIE LINKE (DIE LINKE)
- Dr. Brem, Markus, Landwirt, Gersthofen | FREIE WÄHLER Bayern (FREIE WÄHLER)
- Frfr. Tucher von Simmelsdorf, Constanze, Studienrätin, Friedberg | Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
- Zimmer, Andreas, Bundestagskandidat der Bayernpartei im Wahlkreis Erding/Ebersberg | Bayernpartei (BP)
Geantwortet haben mir Hansjörg Durz, Herbert Woerlein, Dr. Markus Brem, Constanze Frfr. Tucher von Simmelsdorf und Andreas Zimmer.
Durz, Hansjörg, Bundestagsabgeordneter, Neusäß | Christlich-Soziale Union in Bayern e. V. (CSU)
Woerlein, Herbert, Landtagsabgeordneter, Stadtbergen | Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Dr. Brem, Markus, Landwirt, Gersthofen | FREIE WÄHLER Bayern (FREIE WÄHLER)
Frfr. Tucher von Simmelsdorf, Constanze, Studienrätin, Friedberg | Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
Zimmer, Andreas, Bundestagskandidat der Bayernpartei im Wahlkreis Erding/Ebersberg | Bayernpartei (BP)
Die Parteien bzw. die Kandidaten der DIE GRÜNEN, FDP, AfD, DIE LINKE reagierten leider auch nicht auf meine persönliche Erinnerungs-Email vom 4. September.
Persönlich finde ich das sehr schade, da in den TV-Debatten das Thema “Familie” bisher stark vernachlässigt wurde. Umso wichtiger finde ich, regionale Kandidaten zu Wort kommen zu lassen und persönliche Fragen zu stellen.
Meine Kernfragen möchte ich euch vorab zum Lesen geben, so könnt ihr gleich in den für euch passenden Teil springen. Die Interviewreihe ist vier Beiträge lang.
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Haben Sie selber Familie?
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Welchen Stellenwert hat „Familie“ bei Ihnen persönlich?
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Nennen Sie bitte drei wichtige Punkte, in denen sich die Politik hinsichtlich Familienfreundlichkeit verbessern könnte:
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Hebammen sind „Mangelware“ in Deutschland, viele hängen ihren Beruf an den Nagel. Wie wollen Sie dieses Problem langfristig und auch kurzfristig lösen?
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Das Betreuungsgeld endet, wenn das Kind eine staatlich anerkannte Betreuungsstelle besucht. Mittlerweile steigen die Kosten für die Kinderbetreuung immens, welche Lösungen bieten sich für weniger gut situierte Familien?
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Apropos Kinderbetreuung: Betreuungsplätze sind Mangelware. Finden sich Plätze, sind gute Fachkräfte Mangelware. Wie wollen Sie dem Problem kurzfristig in den nächsten 12 Monaten entgegensteuern?
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Viele Eltern beklagen den schlechten Zustand der Schulen; es fehlt an Geldern, so heißt es. Der Bund widerspricht: Die Gelder stehen bereit, die Länder rufen diese nicht ab. Was sagen Sie dazu?
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Kinder sind die Zukunft. Welchen Stellenwert hat Familie in Ihrer Partei?
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Nennen Sie bitte drei Punkte, die Sie persönlich hinsichtlich Familienpolitik verbessern wollen – unabhängig davon, ob dies durchführbar ist oder nicht.
Alle Fragen auf einmal abhandeln heißt, Lesefutter für einen regnerischen Abend. Für Mütter oder Väter bedeutet das, ca. 15 ungestörte Toilettengänge zu opfern. Daher splitte ich die Fragen und lasse heute die Kandidaten zu Frage eins bis drei zu Wort kommen:
Haben Sie selber Familie?
Durz, Hansjörg, CSU
- Ja, ich bin verheiratet und wir haben zwei Kinder.
Woerlein, Herbert, SPD
- Ich bin seit 1985 verheiratet und habe mit meiner Frau drei erwachsene Söhne. Familie hat für mich den höchsten Stellenwert in meinem Leben.
Dr. Brem, Markus, FREIE WÄHLER
- Seit 17 Jahren lebe ich mit meiner nepalesischen Frau Kalpana in unserem dörflichen Umfeld in Hirblingen. Zusammen haben wir drei gemeinsame Kinder (7, 12, 15) und seit 16 Monaten zwei äthiopische Pflegekinder. Außerdem kümmern wir uns – vor allem meine Frau – um 3 anerkannte Asylsuchende, die in einem meiner Häuser leben. Zusätzlich kümmern wir uns um unsere jeweiligen Eltern (über 80 bzw. über 70 Jahre) sowie ich um meinen ledigen, kinderlosen Onkel. Im Sommer leben bei uns im Haus regelmäßig 2-4 Jugendliche aus Frankreich und Spanien, die in Augsburg einen vier Wochen langen Sprachkurs absolvieren. Ja, Familie haben wir und es rührt sich immer etwas: Dank meiner Frau, ohne sie wäre das so nicht möglich.
Frfr. Tucher von Simmelsdorf, Constanze, ÖDP
- Ja, ich bin verheiratet und habe drei – mittlerweile erwachsene – Kinder. Eines davon ist seit Geburt behindert.
Zimmer, Andreas, BP
- Ja, ich bin seit 3 Jahren glücklich verheiratet und werde demnächst Vater.
Welchen Stellenwert hat „Familie“ bei Ihnen persönlich?
Durz, Hansjörg, CSU
- Für mich persönlich ist meine Familie mein Rückhalt im Leben. Ohne Ihre Unterstützung und vor allem auch ohne ihr Verständnis, könnte ich meine Tätigkeit nicht ausüben. Die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft. Hier wird im Kleinen Verantwortung gelebt, die wir im Großen in unserer Gesellschaft brauchen. Daher ist es mir ein Kernanliegen, Familien zu stärken.
Woerlein, Herbert, SPD
- Siehe Frage 1: Ich bin seit 1985 verheiratet und habe mit meiner Frau drei erwachsene Söhne. Familie hat für mich den höchsten Stellenwert in meinem Leben.
Dr. Brem, Markus, FREIE WÄHLER
- Dr. Markus Brem ist ein sehr familiärer Mensch, mehr hier zu lesen unter Frage 1
Frfr. Tucher von Simmelsdorf, Constanze, ÖDP
- Ich verstehe unter Familie sowohl Kinder mit Eltern als auch die Großeltern/ Urgroßeltern.
Familie hat für mich höchste Priorität:
Sie ist für mich Rückzugsort, gibt mir Stabilität, Sicherheit, Geborgenheit und genau diese Punkte waren und sind mein Ziel für meine Kinder. Mit dieser Basis können sie selbstbewusst und sicher ihre Zukunft meistern. In den ersten drei Jahren brauchen Kinder verlässliche Bindungen. Deshalb sind Familien das Rückgrat unserer Gesellschaft. Aber auch der Versorgung und Pflege der älteren Generation gehört unter dem Bereich der „Familie“ größere Bedeutung zugesprochen.
Andreas Zimmer, BP
- Sie steht an Platz 1 und um ihr eine sichere Zukunft zu ermöglichen, engagiere ich mich politisch für den Erhalt und die Stärkung der Familie.
Nennen Sie bitte drei wichtige Punkte, in denen sich die Politik hinsichtlich Familienfreundlichkeit verbessern könnte:
Durz, Hansjörg, CSU
- Der Ausbau der Kinderbetreuung bleibt weiterhin ein Zukunftsthema. Darüber hinaus wollen wir als CSU Familien unterstützen durch die Erhöhung des Kindergelds, sowie des Kinderfreibetrags. Und um Familien beim Erwerb von Eigentum zu unterstützen, treten wir für ein Baukindergeld ein.
Woerlein, Herbert, SPD
- Politik muss Eltern und Adoptiveltern die Möglichkeit geben, sich bei ihrer Lebensplanung und -gestaltung frei entfalten zu können. Hierfür brauchen wir umfassende Betreuungsangebote. Wichtig ist mir dabei, dass die Entscheidung immer bei den Eltern oder Adoptiveltern liegt. Das heißt, ich will keine Ganztagsschulpflicht. Wer sein Kind am Nachmittag zu Hause betreuen will, soll dies können. Wer Betreuungsangebote in Anspruch nehmen will, dem müssen qualitativ hochwertige Einrichtungen zur Verfügung stehen.
- Wir müssen bezahlbaren Wohnraum für Familien schaffen. Gerade junge Familien können sich oft kein Wohneigentum schaffen, sondern sind auf attraktive Mietangebote angewiesen.
- Insgesamt ist eine finanzielle Entlastung angezeigt. Die Familienarbeitszeit mit einem Familiengeld von monatlich 300,00 Euro sowie die kostenlose Bildung von der Kita bis zum Berufs- bzw. Studienabschluss sind hierzu wichtige Bausteine.
Dr. Brem, Markus, FREIE WÄHLER
- Gebührenfreie bzw. gebührenreduzierte Kita/Kinderbetreuung (es liegen zu viele Milliarden Euro als Steueraufkommen ungenutzt rum, als dass dies nicht möglich sei).
- Abschaffung der Bezahlung von Kopiergeld und sonstigen Geldzahlungen für Schüler, meist zu Beginn des Schuljahres; 2 mal kostenfreie Teilnahme an mehrtägigen Schulfahrten (innerhalb einer 10-jährigen Schullaufbahn)
- Familiensplitting im Steuerrecht: wenn ich sehe, welche monetären Vorteile bei tagtäglichen Aspekten (Einkauf, Arzt, Freizeit, Schule, etc.) kinderlose Singles und kinderlose Ehepaare gegenüber Familien mit Kindern haben, dann bin ich der Meinung, dass wir was ändern müssen. Ebenfalls: Wenn wir heute eine Tagesausflug egal wohin machen, sind schnell 100 bis 200 Euro weg. Ich meine hier kann man über gesetzliche Vorgaben nachdenken, sodass der „Kostenfaktor“ für Familien mit Kindern geringer wird, relativ zu Personen, die keine Kinder haben.
- Es gehört aber auch ein Umdenken in der Gesellschaft dazu: jeder hat es erlebt; wenn wir im Rahmen einer größeren Familienfeier beim Mittagessen in einer Gastronomie sind, wie selten erlebt man es, dass die Bedienungen zuerst die Kinder mit Essen versorgen, damit die dann ‚a Ruh geben‘ und zum Spielen gehen könnten, damit die Eltern auch mal eine Stunde in Ruhe essen könnten. Und vieles mehr.
Frfr. Tucher von Simmelsdorf, Constanze, ÖDP
- Die Leistungen der Familie (Erziehung der Kinder, Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger) sind durch ein Familiengehalt zu würdigen, bei dem auch Sozialversicherungsabgaben (Krankenversicherung und Rentenversicherung) abgeführt werden, damit Erziehende eine echte Wahlfreiheit haben, ihr Kind selbst zu erziehen und später in der Rente dafür nicht benachteiligt werden.
- Es muss ein ausreichendes Angebot an Krippenplätzen sowie Kindergarten- und Hortplätzen vorhanden sein, das mit ausreichend und hochqualifiziertem Personal ausgestattet ist und auch für Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, angepasst ist.
- Ein Familiengehalt für die Betreuung von behinderten und betagten Menschen, bei dem unabhängig vom Pflegegrad ebenfalls Sozialversicherungsabgaben (Krankenversicherung und Rentenversicherung) abgeführt werden. Das würde die angespannte Pflegesituation in Pflegeheimen enorm entlasten und auch die massive Belastung bei der privaten Pflege von Familienangehörigen nehmen.
Zimmer, Andreas, BP
- Erziehungsgrundgehalt
- Mütterrente
- Bezahlbarer Wohnraum und Mieten
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