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ADHS & Fibromyalgie – Zusammenhänge und Symptome verstehen leicht gemacht

Inhaltsverzeichnis

Mit ADHS und Fibromyalgie haben wir Damen (ja, meist trifft es uns) den großen Jackpot gezogen.

ADHS und Fibromyalgie treten häufiger zusammen auf, als man glaubt. Meist schlummert eines von beiden vor sich hin, als unerkannte Diagnose. 

Bisher galten beide Diagnosen –  Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Fibromyalgie – lange als getrennte Welten: Die eine wird häufig bei Kindern vermutet, die andere vor allem bei erwachsenen Frauen.

Doch aktuelle Studien und Erfahrungsberichte zeigen, dass es eine bemerkenswerte Überschneidung gibt. Viele Menschen – insbesondere Frauen – berichten von Symptomen beider Erkrankungen. Doch was verbindet ADHS und Fibro? Und was bedeutet das für Betroffene im Alltag?

Was ist ADHS bei Erwachsenen?

ADHS betrifft nicht nur Kinder, auch ist der Begriff „Zappelphilipp“ ein ziemlicher Irrweg. ADHS beschreibt eine neurologische Besonderheit des Gehirns, hauptsächlich – um es kurz zu halten – ist die Speicherung von Dopamin betroffen. Das wirkt sich entsprechend im Körper aus. Beispielsweise durch Konzentrationsstörungen, Hyperaktivität oder fehlender Impulskontrolle (uvm.).
Auch wenn die Hyperaktivität im Erwachsenenalter häufig nachlässt (das kommt auf die Person an), bleiben andere Symptome bestehen – darunter:

  • Konzentrationsprobleme,
  • Gedankensprünge,
  • Impulsivität,
  • emotionale Reizbarkeit,
  • chronische Unruhe oder Überforderung,
  • schlechtes Zeitmanagement,
  • schnelle Erschöpfung nach sozialen Kontakten.

Viele Erwachsene mit ADHS wurden nie oder sehr spät diagnostiziert – besonders Frauen, da sie häufig kompensieren oder sich anpassen. Sie wirken „funktional“, bis Körper und Psyche irgendwann nicht mehr mitspielen.

Was ist Fibromyalgie?

Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung, bei der diffuse Schmerzen im ganzen Körper auftreten. Dazu kommen häufig:

  • extreme Erschöpfung (Fatigue)
  • SchlafstörungenKonzentrationsprobleme („Fibro-Fog“)
  • Reizdarmsymptome
  • Wetterfühligkeit
  • Überempfindlichkeit auf Geräusche, Berührungen oder Licht
  • Fibro betrifft oft Frauen zwischen 30 und 50, aber auch Männer und jüngere Menschen können erkranken.

Auffällig: Viele Betroffene berichten von einer langen Leidensgeschichte – mit Fehldiagnosen, Unverständnis von Umfeld und Ärzten und damit verbundener Resignation.

Die Gemeinsamkeiten von Fibromyalgie und ADHS auf einen Blick

Obwohl ADHS und Fibromyalgie ganz unterschiedliche Diagnosen sind, teilen sie viele Symptome:

  • Konzentrationsprobleme
  • emotionale Reizbarkeit
  • Schlafstörungen
  • chronische Erschöpfung
  • sensorische Überempfindlichkeit
  • diffuse, schwer erklärbare Beschwerden
  • erhöhte Reizverarbeitung im Gehirn

Oft beschreiben Betroffene, dass sie sich „dauerüberreizt“ fühlen – egal, ob von Geräuschen, sozialen Kontakten oder innerem Druck. Dieser Zustand wird sowohl durch ADHS als auch durch Fibromyalgie verursacht oder verstärkt.

Wie hängen ADHS und Fibromyalgie zusammen?

Der Zusammenhang ist zwar komplex, aber mittlerweile finden sich mehrere Erklärungsansätze:

Neurologische Reizverarbeitung

Bei ADHS ist die Reizfilterung im Gehirn gestört – alles wird gleich stark wahrgenommen. Auch bei Fibromyalgie ist die Schmerzverarbeitung im Gehirn verändert. In beiden Fällen reagiert das Nervensystem überempfindlich.

Stress und Dysregulation

Wir Menschen mit ADHS erleben häufiger Stress – durch Vergesslichkeit, Überforderung oder soziale Konflikte. Für andere sind bestimmte Situationen ganz normaler Alltag, für viele von uns lösen Alltagssituationen inneren Stress aus.  Dauerstress gilt als möglicher Auslöser für Fibromyalgie.

Schlechter Schlaf

Sowohl bei ADHS als auch bei Fibro ist der Schlaf häufig gestört – was langanhaltend zu chronischer Erschöpfung, Schmerzen und Konzentrationsproblemen führt. Vor allem Frauen, die sich in der Perimenopause befinden, haben besonders zu kämpfen. Die kann übrigens ab 35 eintreten – just saying. 

Trauma und emotionale Belastung

Viele Betroffene haben in ihrer Lebensgeschichte für sie traumatische Erlebnisse oder belastende familiäre Muster erlebt. Diese erhöhen das Risiko für chronische Schmerzstörungen. Das ADHS kann durch solche Erlebnisse erheblich verstärkt werden. 

 ADHS und Fibro im Alltag – was das bedeutet

Du beginnst, die Küche aufzuräumen, dabei räumst du das Wohnzimmer um und sortierst gleich überflüssige Klamotten aus. Leider hörst du mittendrin auf, weil du erschöpft bist. 

Du verabredest dich mit deiner Freundin zu einem entspannten Abend in der Lieblingsbar – und sagst wieder ab, weil du zu müde bist oder dich überfordert fühlst.

Du willst dich auf diese eine Aufgabe konzentrieren – doch dein Gehirn hüpft umher wie ein Flummi. Gleichzeitig pocht ein dumpfer Schmerz in deinem Rücken und du widmest dich lieber deinem Buch. 

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Du bist reizbar, vergesslich und ständig überfordert – und denkst: „Warum bin ich so?“

Du schläfst schlecht – wachst trotzdem müde auf – und der Tag gleicht einem Hürdenlauf. Du schwörst dir, wieder früher ins Bett zu gehen. Aber der Abend ist die einzige freie Zeit für dich und damit liest du wieder bis um 23 Uhr. Oder betreibst Doomscrolling bis Mitternacht. 

Diese Erfahrungen machen viele Betroffene. Sie berichten, dass sie sich selbst nicht mehr wiedererkennen – vor allem dann, wenn sie keine Diagnose haben und sich ständig „zusammenreißen“ müssen. Gerade nachdem diese Frauen Mutter geworden sind, befinden sie sich in dieser Dauerschleife.

ADHS und Fibromyalgie Diagnose: Warum so viele Jahre vergehen

Gerade Frauen erhalten häufig erst sehr spät eine Diagnose – wenn überhaupt. Viele werden jahrelang auf Depression, Burnout, Borderline oder anderen psychosomatische Beschwerden behandelt, ohne die genaue Ursache  tatsächlich zu erfassen.

Der Grund für so späte Diagnosen:

Fibromyalgie ist schwer greifbar. Es gibt keinen Bluttest. Viele Ärzte erkennen Fibromyalgie auch gar nicht an. 

ADHS wird bei Frauen oft übersehen, weil sie stiller, angepasster oder „nett“ wirken – statt impulsiv und laut. Von klein auf wurden uns bestimmte Narrative aufgestempelt, und wir haben uns angepasst, bis wir uns selbst nicht mehr erkennen. 

Dabei ist die Kombination aus beidem besonders belastend.

Was hilft wirklich? Erste Schritte im Umgang mit ADHS und Fibromyalgie

Erkennen und benennen: Wenn du dich in diesem Text wiedererkennst, sprich mit deinem Hausarzt oder einer Fachärztin. Je nach Symptomlage kann ein Neurologe, Psychiater oder Schmerztherapeut helfen.

Wissen aneignen: Lies Bücher, Blogs oder höre Podcasts von Betroffenen. Wissen ist Macht – und Selbstfürsorge.

Realistische Tagesstruktur: Menschen mit ADHS und Fibro brauchen eine ausgeglichene Struktur, keine militärische Planung im vollen Takt. Plane viele Pausen ein, minimiere Ablenkung, nutze Erinnerungen.

Reizreduktion: Sorge für ein reizarmes Umfeld – z. B. ruhige Räume, gedämpftes Licht, wenige parallele Reize. Kopfhörer können dir im Alltag helfen oder Leserituale für die ganze Familie. 

Bewegung, aber angepasst: Bewegung kann wirklich helfen – aber achte auf dein individuelles  Tempo. Yoga, Spaziergänge oder leichtes Stretching sind besser als Sporteinheiten, zu denen du dich zwingen musst. Versuche auch leichtes Krafttraining, das wirkt oft Wunder. 

Medikamente und Therapie: In einigen Fällen helfen Medikamente gegen ADHS (z. B. Methylphenidat) oder zur Schmerzreduktion. Auch Verhaltenstherapie, Achtsamkeit und Coaching können entlasten. Sprich darüber mit Fachleuten.

Netzwerke und Community: Du bist nicht allein. In Online-Gruppen, Selbsthilfe oder Foren triffst du Menschen wie du und ich.

Besonders für Mütter mit Fibromyalgie und ADHS: Zwischen Verantwortung und Reizüberflutung

Viele Mütter mit unerkannter ADHS und Fibromyalgie kämpfen täglich mit Überforderung.

Reizüberflutung, ständige Erreichbarkeit, Alltagschaos und Schuldgefühle sind typische Begleiter im schnellen Alltag. Hier weise ich noch einmal darauf hin, sich Unterstützung zu holen: in der Familie, durch Tagesstruktur, in Eltern-Kind-Gruppen oder auch therapeutisch.

Du musst nicht alles allein schaffen – und auch nicht perfekt. Schaff dir Routinen, gestalte den Alltag so, dass er eher ent- statt belastend ist. Plane und organisiere so weit vor, wie es möglich ist. 

ADHS und Fibromyalgie verstärken sich gegenseitig – körperlich wie psychisch. Doch mit dem richtigen Wissen, verständnisvollem Umfeld und individuellen Strategien kann Entlastung gelingen. Das erfordert Zeit und vor allem das Erkennen und Kennen der Diagnose – mit allem, was dazu gehört. 

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